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Erbschaftsangelegenheiten (Erbrecht/Erbscheine/Europäische Nachlasszeugnisse)

Artikel

Sie finden hier Informationen zur Beurkundung von Anträgen auf deutsche Erbscheine/Europäische Nachlasszeugnisse und Informationen zur europäischen Erbrechtsverordnung

Europäische Erbrechtsverordnung

Anwendung des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts der Erblasserin/des Erblassers


A. Allgemeine rechtliche Grundlage

Am 17.08.2015 trat die Europäische Erbrechtsverordnung (Verordnung EU Nr. 650/2012, EU-ErbVO) in Kraft. Die Verordnung gilt in der gesamten EU mit Ausnahme von Irland und Dänemark. Sie gilt für Erbfälle, die seit 17.08.2015 eingetreten sind und einen Auslandsbezug haben. In Deutschland wird die Verordnung ausgestaltet durch das Internationale Erbrechtsverfahrensgesetz.


B. Wesentliche rechtliche Änderungen

I. Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes maßgeblich

Die EU-ErbVO knüpft bei einem Erbfall, sowohl für die Zuständigkeit von Behörden und Gerichten als auch für die Anwendung materiellen Erbrechts, nicht an die Staatsangehörigkeit der Erblasserin/des Erblassers an, sondern an den Ort des „gewöhnlichen Aufenthaltes“ im Zeitpunkt ihres/seines Todes (Art. 21 EU-ErbVO). Für Deutsche, die ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben, bedeutet dies, dass im Falle ihres Todes „automatisch“ österreichisches Erbrecht Anwendung findet. Ausländisches Erbrecht kann erheblich von den deutschen Regelungen abweichen. Auch wenn das österreichische materielle Erbrecht durchaus gewisse Parallelen zum deutschen Erbrecht aufweist, kann es im Einzelfall zu Abweichungen kommen. Insbesondere im Verfahrensrecht ergeben sich große Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen.

II. Wonach bestimmt sich der „gewöhnliche Aufenthalt“?

Der Rechtsbegriff des „gewöhnlichen Aufenthaltes“ ist gesetzlich nicht eindeutig definiert. Die Ermittlung der sich mit der Erbsache befassenden Behörde erfolgt anhand jeden Einzelfalles durch eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände der Erblasserin/des Erblassers. Als Bestimmungskriterien werden alle Umstände herangezogen, die erkennen lassen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend war. Eine große Rolle spielt hierbei der Schwerpunkt des sozialen Umfelds, insbesondere familiäre und berufliche Beziehungen. Der bestimmte „gewöhnliche Aufenthalt“ sollte eine feste Bindung zu dem betreffenden Staat erkennen lassen.

III. Möglichkeit der erbrechtlichen Rechtswahl

Der mit der Anknüpfung an das Recht des „gewöhnlichen Aufenthaltes“ entstehenden Rechtsunsicherheit kann durch eine Rechtswahl entgegengewirkt werden. Sofern der „gewöhnliche Aufenthaltsort“ von der Staatsangehörigkeit einer Person abweicht, besteht die Möglichkeit eine Rechtswahl dahingehend zu bestimmen, dass das Recht des Landes der Staatsangehörigkeit auf den Erbfall anzuwenden ist. Dieses genießt dann gegenüber dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes Anwendungsvorrang. Die Rechtswahl kann grundsätzlich nur in einer Verfügung von Todes wegen erklärt werden, zum Beispiel durch eine Rechtswahlklausel in einem Testament. Die Rechtswahl kann sich aber auch aus den sonstigen Bestimmungen der Verfügung von Todes wegen ergeben. Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt sich jedoch stets eine ausdrückliche Erklärung in das Testament aufzunehmen. Eine Rechtswahl, die in einer Verfügung von Todes wegen vor dem 17.08.2015 getroffen wurde, bleibt gemäß Art. 83 Abs. 2 EU-ErbVO weiterhin wirksam.

IV. Prinzip der Nachlasseinheit

Zu beachten ist, dass sowohl die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthaltsort als auch die Rechtswahl dem Prinzip der Nachlasseinheit folgen. Eine gegenständlich beschränkte Rechtswahl z.B. auf einzelne in Deutschland belegene Grundstücke oder auf das gesamte inländische Grundvermögen wie sie bislang durch Art. 25 Abs. 2 EGBGB ermöglicht wurde, ist nach der EU-ErbVO dann nicht mehr zulässig. Eine noch vor dem 17.08.2015 getroffene, zu einer Nachlassspaltung führende Rechtswahl bleibt allerdings gemäß Art. 83 Abs. 2 EU-ErbVO wirksam, wenn die Erblasserin/der Erblasser im Zeitpunkt der Rechtswahl in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

V. Das Europäische Nachlasszeugnis

Mit der EU-ErbVO wird das sog. Europäische Nachlasszeugnis eingeführt. Dieses tritt neben den deutschen Erbschein und erleichtert die Geltendmachung von Rechten und Befugnissen von Erbinnen und Erben, Vermächtnisnehmenden, mit der Testamentsvollstreckung beauftragten Personen und Nachlassverwalterinnen und -verwaltern in einem anderen Mitgliedsstaat. In einem grenzüberschreitenden Erbfall ist das Nachlasszeugnis ein tauglicher Nachweis der Erbenstellung und kann beispielsweise für die Umschreibung von Grundeigentum oder Bankkonten genutzt werden. Die Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses obliegt einem vom jeweiligen Mitgliedsstaat bestimmten Gericht oder einer Behörde.

C. Hinweise und Empfehlung

Deutsche, die ihren Lebensmittelpunkt nach Österreich verlegt haben, können künftig nicht mehr von der Anwendbarkeit deutschen Erbrechts auf ihren Erbfall ausgehen. Zwar gibt es unter Umständen eine Ausweichklausel (Art. 21 EU-ErbVO), die bei einer offensichtlich engeren Verbindung zu einem anderen Staat als dem Aufenthaltsstaat das Recht dieses anderen Staates für anwendbar erklärt, jedoch liegt die Auslegung eines jeden Einzelfalles im Ermessen der zuständigen Behörde und birgt folglich einen Unsicherheitsfaktor in sich.

Es empfiehlt sich daher auf „Nummer sicher“ zu gehen und schon heute eine gründliche Überprüfung bereits erstellter Testamente oder sonstiger Verfügungen von Todes wegen vorzunehmen und eine im Hinblick auf die Rechtswahl entsprechende Ergänzungsklausel einzufügen. Hierbei sollte überlegt werden, ob für die persönlichen Präferenzen das Erbrecht des Heimatlandes oder das des Aufenthaltslandes die besseren Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten bietet, und hiernach sollte die entsprechende Rechtswahl getroffen werden. Beachtet werden sollte außerdem, dass die erforderlichen Formvorschriften sich grundsätzlich nach dem Recht desjenigen Landes richten, in dem die Verfügung errichtet wird. Alternativ ist das Recht des Staates anwendbar, dem der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung oder im Zeitpunkt des Todes angehörte. So kann beispielsweise deutsche Staatsangehörige eine Rechtswahl nach den deutschen Formvorschriften für eine Verfügung von Todes wegen treffen.

Da Nachlassfragen grundsätzlich sehr kompliziert sein können, empfiehlt es sich bei Unsicherheiten juristischen Rat heranzuziehen und eine Fachanwältin/einen Fachanwalt oder eine Notarin/einen Notar zu kontaktieren. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass deutsche Auslandsvertretungen keine einzelfallbezogenen Rechtsberatungen durchführen dürfen.

Alle Angaben in diesem Merkblatt beruhen auf Erkenntnissen und Einschätzungen der Botschaft zum Zeitpunkt der Textabfassung. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit, insbesondere wegen zwischenzeitlich eingetretener Veränderungen, kann jedoch keine Gewähr übernommen werden.

Beurkundung von Anträgen (Erbschein/Europäisches Nachlasszeugnis)

Sie leben in Österreich und möchten einen Erbschein/ein Europäisches Nachlasszeugnis aus Deutschland erhalten?

Dann ist ein Antrag beim zuständigen Nachlassgericht erforderlich. In der Regel ist das das Amtsgericht am letzten Wohnsitz der/des Verstorbenen. Der Antrag kann auch postalisch eingereicht werden, muss aber dann vorher beurkundet werden. Die Beurkundung kann erfolgen: durch das zuständige Nachlassgericht, eine jede Notarin/einen jeden Notar in Deutschland oder auch durch die Botschaft Wien.

Möchten/Können Sie nicht zum Nachlassgericht oder einer Notarin/einem Notar nach Deutschland reisen, kann Ihnen auch die Botschaft bei der Beurkundung Ihres Antrags helfen. Um Ihren Erbscheinantrag bestmöglich vorzubereiten, ist die Botschaft auf Ihre Mithilfe angewiesen. Folgender Fragebogen hat sich dafür bewährt:

Fragebogen - Antrag zur Erlangung eines Erbscheins/ENZ

Ihr ausgefüllter Fragebogen kann per Email (info@wien.diplo.de), per Fax (+ 43 1 715 34 50) oder postalisch (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Wien, Postfach 60, A - 1037 Wien) an die Botschaft übersandt werden.

Für die Beurkundung fallen unabhängig von der Höhe der Erbschaft Gebühren von 132,00 Euro an. Wird ein Entwurf durch die Botschaft vorbereitet fallen hierfür (zusätzlich) Gebühren von 246,00 Euro an.


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